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Was ist Musik Don't stop til you get enough

ByteFM: Was ist Musik vom 28.06.2009

Ausgabe vom 28.06.2009: Don't stop til you get enough

Don´t stop til you get enough

Michael Jackson gegen die Krokodilstränen verteidigen.



Ein letztes Lied für Farrah Fawcett.
Sky Saxon nicht vergessen.
Und wer war noch mal Harry Rag?
Uri Geller hat es getan. Sophia Loren hat es getan. Karl Theodor zu Guttenberg hat es getan. Udo Jürgens hat es getan. Sogar Roland Koch hat es getan. Sie alle haben öffentlich getrauert um Michael Jackson.

Wollen wir uns mit diesen Leuten gemein machen (nix gegen Sophia Loren)?

Nein, deshalb verteidigen wir Michael Jackson gegen Trittbrettfahrer, Krokodilstränenvergießer, Nachrufschleimer…
Starring: fIREHOSE, Shinehead, Sly & The Family Stone, Isolée, Edu K., Tex & Erobique, Esso Trinidad Steelband, Mitchell Brothers, Jichael Mackson, Q Tip...


Im Mai 1994 heiratete Jackson überraschend Lisa Marie, die Tochter von Elvis Presley. Bei den MTV-Awards im September 1994 trat er mit seiner Ehefrau auf die Bühne. Dort küsste sich das Paar zum ersten Mal in der Öffentlichkeit.

Der Idiot der Familie

Der Junge sah einfach grässlich aus. Eine überdimensionale Haartolle, unnatürlich rote Gesichtsfarbe, übertrieben schimpansenhafte Züge. Normalerweise müsste er das größte musikalische Genie aller Zeiten sein, dieser Kerl. Behauptete die BILD-Zeitung, in dem festen Glauben, daß Genius von Genen kommt wie Kunst von Können. Denn bei dem Tollen-Schimpansen auf dem Phantom-BILD handelte es sich schließlich um den noch vornamenlosen Sohn von Michael Jackson und Enkel von Elvis Presley. Und wer zweifelt schon daran, dass Lisa Marie der Welt einen Sohn schenken wird? Eine La Toya ist schließlich genug.

Die Nachricht von der Hochzeit zwischen der Elvis-Erbin und dem erfolgreichsten Popstar der Welt zählt zu der Sorte Nachrichten, die derart larger than life, derart symbolübersättigt sind, dass man gar nicht weiß, wo anfangen mit Zeichendeuten.

Der Spiegel rückt den obskuren Nebenaspekt "Scientology" ins Zentrum seiner Hochzeitsfeier. Lisa Marie, so die Spiegel-Verschwörungstheorie, habe von ihrer Sekte womöglich den Auftrag erhalten, Jacko den Scientologen anzuheiraten. Die taz, schon interessanter, widmet ihre komplette Seite Drei der zunächst einigermaßen bestechenden These, dass mit Jacksons Hochzeit das Ende der Androgynität der Achtziger besiegelt sei. "Die bedeutenderen Rollenmodelle im Pop von heute sind geschlechtlich wenig ambivalente Typen", will Thomas Groß, der offensichtlich noch nie ein Take That-Video gesehen hat, erkannt haben. Die bedeutenderen Rollenmodelle im Pop, da liegt die Androgynität im Argen, haben gar nicht mehr die Chance bedeutender zu werden, weil sie viel kürzere Halbwertzeiten haben als die Modelle Jackson, Madonna und Prince. Deren symbolische Herrschaft geht zur Neige, sie haben die Altersgrenze erreicht und hinterlassen ein Feld, auf dem anything geht, ohne daß es noch anything bewirkt. In Popland koexistieren heute friedlich beziehungslos Rock-Aut(hentiz)ismus und Gay-Nightlife-Culture, Homophobie und Hedonismus, Negrophilie und Rassismus, Beck, Take That und Woodstock. So gesehen markiert Jacksons Hochzeit das Ende der Master-Ära, den Rückzug vom Pop-Schlachtfeld in die heilige Familie.

Die Familie, dieser gloriose Terrorzusammenhang, der ja nie abzuschütteln war. Elvis, der zweitgeborene nach dem totgeborenen Zwilling, nahm seine erste Single als Geburtstagsgeschenk für seine Mama auf. Das Kleinkind Michael wurde vom despotischen Vater in die Familienband gezwungen und musste mit zehn Jahren die poppigsten Liebeslieder der Motown-Dynastie singen. Wer da nicht zum Kinderschänder wird. Später arbeitete Michael an Substitutionsmodellen: Diana Ross und Liz Taylor fungieren als müttlerliche Feundinnen, gekaufte Tiere und gemietete Kinder komplettieren die Familie. Gerade als man sich damit abgefunden hatte, diese disneyeske Idylle als Option auf einen wenn auch abwegigen Lebensentwurf für voll zu nehmen, kam das jähe Ende mit der Kinderschänder-Affäre.

Aber, und auch das ist wieder larger than life, ebenso schnell war ein Fluchtmodell verfügbar, und zwar ein Fluchtmodell auf höchster Ebene. Die Hochzeit mit der Tochter des Königs, einfach so, ohne sichtbare strategische Vorbereitung. Ein bisschen Geheimdiplomatie zwischen den Camps und fertig ist der familiale Befreiungsschlag, der Jackson nebenbei noch den Zugriff auf das Repertoire des anderen Pop-Phänomens des Jahrhunderts ermöglicht.

Denn die Rechte an den Songs der Beatles, die hat er ja schon. Dieser neuerliche Coup gibt dem Wort Blaxploitation einen völlg neuen Sinn und darf gelesen werden als späte Rache an der Race-Music und Colonel Parker. Der hatte Anfang der Fünfziger Jahre den Allmächtigen flehentlich darum gebeten, er möge ihm einen Weißen schicken, der so sexvoll singen und die Hüften schwingen kann wie diese Neger mit ihrer Race-Music. Er hat ihn bekommen. Sein Name war Elvis Presley. Und jetzt holt sich der - beige - Schwiegersohn den Kuchen zurück.

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Playlist

1.  Sir Douglas Quintet / Who´ll be the next in line
The Collection / CCS
2.  Sagat / Losoul / Fuk Dat A Cappella / Overland
Fuk Dat / RCA
3.  Mudhoney / Who´ll be the next in line
The Modern Genius Of Ray Davies / Mojo
4.  Queens Of The Stone Age / Who´ll be the next in line
Songs for the deaf / Interscope
5.  The Kinks / Who´ll be the next in line
The Ultimate Collection / Sanctuary
6.  Sagat / Fuk Dat
Fuk Dat / RCA
7.  The Kinks / Harry Rag
Something else / Pye
8.  S.Y.P.H. / Tausend nackte Neger
S.Y.P.H. / Büro
9.  Gravenhurst / See my friend
The Modern Genius Of Ray Davies / Mojo
10.  Esso Trinidad Steelband / Apeman
Esso Trinidad Steelband / BRG
11.  Esso Trinidad Steelband / I want you back
Esso Trinidad Steelband / BRG
12.  The Jackson Five / I want you back
Greatest Hits / Motown
 
 
  Stunde 2 :
1.  Michael Jackson / Don´t stop til you get enough
Off The Wall / CBS
2.  Derrick Laro and Trinity / Don´t stop til you get enough
Hustle / Soul Jazz
3.  Shinehead / Mama used to say / Billie Jean
Mama used to say / Billie Jean / Roots
4.  Junior / Mama used to say
Mama used to say / Mercury
5.  Michael & Olli Buck / Never can say goodbye
Motown Flies Jamaica / Jamaican Airlines
6.  The Jackson 5 / Never can say goodbye
Anthology / EMI
7.  Michael Jackson / She´s out of my life
Off The Wall / CBS
8.  Losoul / Overland
Belong / Ongaku
9.  Manu Dibango / Makossa 87 (Big Blow)
Afrijazzy / Polydor
10.  Michael Jackson / Wanna be startin´ something
Thriller / CBS
 
 
  Stunde 3 :
1.  Jichael Mackson / Flatscreen
Jichael Mackson Same Same But Different EP / Stock
2.  Isolée / The Jacko Theme
Famous When Dead / Playhouse
3.  Losoul / Overland
Belong / Ongaku
4.  The Jackson 5 / Stand
Goin´ Back to Indiana / Motown
5.  The Jackson 5 / I Want To Take Youm Higher
Goin´ Back to Indiana / Motown
6.  Sly & The Family Stone / Stand
Greatest Hits / Epic
7.  Billy Paul / Am I black Enough For You
360 Degrees Of Billy Paul / CBS
8.  Michael Jackson / Black Or White
History / CBS
9.  Negativland / Michael Jackson
Escape from noise / Recommended Records
10.  Q-Tip / Move
Renaissance
11.  The Jackson 5 / Dancing Machine
Anthology / EMI
12.  Michael Jackson / Off The Wall
Off The Wall / CBS
13.  The Seeds / Pushin´ too hard
Nuggets / Rhino
14.  Jeffrey Lewis / I Ain´t Thick It´s Just A Trick
12 Crass Songs / Rough Trade